REHKITZ-RETTUNG
Für manche Mitmenschen beginnt der Arbeitstag richtig früh. Besonders, wenn – wie Mitte Juni – auch noch das Wetter konstant schön ist. Denn dann sind die Bedingungen optimal, Wiesen und Felder abzumähen.
Die Zentraldeponie Emscherbruch leistet parallel zum Deponiebetrieb einen Beitrag zur Verbesserung der Lebensräume für Tier- und Pflanzenarten. Ehemals artenarme Fettwiesen der Deponie (ca. 32 ha) werden sukzessive in artenreichere Wiesen umgewandelt. Für diese Zielsetzung wurden auf den Deponieflanken verteilt fünf Flächen (ca. 2,6 ha) mit einer Saatgutmischung aus vier Grasarten und sieben Kräuterarten eingesät. Die umliegenden Flächen entwickelten sich durch Mahdgutübertrag und Samenflug sukzessive zu artenreicheren Wiesen. Seit 2014 werden neue Rekultivierungsbereiche zu artenreichem Magergrünland guter Ausprägung entwickelt und mit einer Saatgutmischung aus neun Grasarten und 16 Kräutern eingesät. 19 der ausgesäten Arten konnten 2022 nachgewiesen werden, davon sechs Magerkeitsanzeigerpflanzen. Doch auch auf diesen bereits rekultivierten Flächen unserer Deponiestandorte wird regelmäßig vor Beginn des Sommers die erste „Mahd“ gemacht. Um die Artenvielfalt zu fördern, findet diese Mahd relativ früh bereits im Juni statt. Der Kräuterbewuchs wird hierdurch gefördert. Insbesondere größere Pflanzen (Gräser), die eine geringere Artenvielfalt auf der Fläche zulassen würden, werden zurückgeschnitten.
In den hohen Wiesen, die dabei abgemäht werden sollen, legen Rehe allerdings gerne ihre Jungtiere ab. Die Jungtiere sind kurz nach der Geburt weder mobil noch besitzen sie eine Witterung, sodass selbst ein Aufspüren mit Hunden schwierig ist. Die Rehkitze liegen dort schön weich und können auch nicht ohne Weiteres entdeckt werden. Auch die Fahrer der Mähmaschinen können während des Mähvorgangs nicht die kleinen Rehkitze entdecken. Es besteht somit die Gefahr, dass Rehkitze in das Mähwerk geraten, schwer verletzt oder gar getötet werden.
Damit es gar nicht erst soweit kommt, werden vor dem Mähen die Wiesen auf Rehkitze und andere Wildtiere abgesucht, die nicht von sich aus fliehen. Unser Team vom Deponiemanagement befliegt daher die Rekultivierungsflächen unserer Deponien in den frühen Morgenstunden mit einer eigens dafür angeschafften Drohne. Die am Tag zu mähende Fläche wird vorab systematisch mit der Drohne abgesucht. Dabei können Wärmepunkte im Gras lokalisiert werden. Unterstützung kommt aus dem Team Genehmigungsmanagement – die Flächeneinteilung der zu mähenden Flächen sowie der jeweilige Startpunkt der Mahd vor Ort erfolgt unter Beachtung möglicher Fluchtwege bereits mobiler Kitze und adulter Tiere.
„Es ist jedes Mal ein spannender Moment, wenn wir eines dieser Jungtiere entdecken. Aber es löst auch Glücksgefühle aus, zu wissen, dass man dieses Rehkitz vor schweren Verletzungen durch das Mähwerk retten konnte. Dann ist auch das frühe Aufstehen schnell vergessen.“
Michael Pflüger,Betriebsmeister auf der ZDE
Sobald ein Tier im meterhohen Gras auf diese Art aus der Flughöhe der Drohne entdeckt wurde, macht sich ein Rehkitz-Rettungsteam bestehend aus allen Beteiligten und den ebenfalls anwesenden Jägern auf den Weg zur Fundstelle. Handelt es sich um ein Rehkitz, wird dieses gesichert. Dazu wird ein Kunststoffkorb über das Rehkitz gestülpt und dieser mit mobilen Weidepfählen gesichert. Somit ist gewährleistet, dass das Kitz an Ort und Stelle verbleibt und die Ricke den Korb auch nicht umwerfen kann. Der Standort wird mit Fluchtstange und Flatterband markiert und bei der Mahd großzügig ausgespart. Dadurch verbleiben Inseln mit hohem Bewuchs. Diese bieten den dort lebenden Tieren weiterhin einen Rückzugsraum.
Nach Abschluss der Mäharbeiten des Tages werden die Körbe über den Rehkitzen entfernt und diese wieder in die Freiheit entlassen.
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